Die Chemie stimmt: Rückblick aufs Jahr 2024
Auch in diesem Jahr haben Forschende wieder für einige Überraschungen gesorgt. Von bahnbrechenden Entdeckungen bis hin zu innovativen Anwendungen – die Chemie hat uns auch 2024 wieder mit erstaunlichen Fortschritten überrascht. Bevor wir uns in die wohlverdiente Weihnachtspause verabschieden, werfen wir noch einmal einen Blick auf einige dieser spannenden Entwicklungen. Ausführlichere Informationen zu den Themen finden Sie unterhalb der Infografik. Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre, ein frohes Fest und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Weltweit erste Giga-Level Produktionsanlage für Festkörper-Lithium-Keramik-Batterie eröffnet
ProLogium Technology, ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich der Festkörperbatterie-Innovation, hat seine Fabrik in Taoyuan (Taiwan) eingeweiht und damit einen wichtigen Meilenstein in der Batterieindustrie gesetzt.
Festkörperbatterien (Solid-State Batteries, SSB) haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen und fast alle namhaften Erstausrüster (OEMs) erwähnen diese Technologie in ihren Entwicklungsplänen, manchmal sogar mit recht konkreten Terminen für ihre Einführung. Trotz der vielversprechenden Aussichten der SSB-Technologie, wie verkürzte Ladezeiten sowie eine hohe Reichweite und schnellere Ladezeiten, sind bisher nur wenige Feststoffbatteriezellen kommerzialisiert worden. Die Herausforderungen liegen nicht nur in den Material- und Zellkonzepten selbst, sondern insbesondere in den Produktionsprozessen, die sich teilweise erheblich von denen konventioneller Lithium-Ionen-Batterien (LIB) unterscheiden. ProLogium Technology, ein weltweit führender Anbieter von innovativen Festkörperbatterien, hat sein Werk in Taoyuan eingeweiht und damit einen wichtigen Meilenstein in der Batterieindustrie gesetzt.
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126,9 Millionen Euro für EU-Mission „Restore our Ocean and Waters“
Die Europäische Kommission investiert in 26 neue Projekte, um den Schutz und die Wiederherstellung der Gesundheit unserer Ozeane und Gewässer voranzutreiben.
Die EU-Mission „Restore our Ocean and Waters“ (Wiederherstellung unserer Ozeane und Gewässer) zielt auf den Schutz und die Wiederherstellung der Gesundheit unserer Ozeane und Gewässer durch Forschung und Innovation, bürgerschaftliches Engagement und blaue Investitionen. Hiermit sind nachhaltige Investitionen im Zusammenhang mit Ozeanen, Küsten und Meeren gemeint. Der Ansatz der Mission betrachtet die Meere und Gewässer als Einheit, die eine Schlüsselrolle bei der Erreichung der Klimaneutralität und der Wiederherstellung der Natur spielen.
Die Europäische Kommission hat 26 neue Projekte angekündigt, für die 126,9 Mio. € als Beitrag zur EU-Mission „Restore our Ocean and Waters“ bereitgestellt werden. An den 26 neuen Projekten sind 346 Begünstigte aus 37 Ländern beteiligt, darunter KMU, Forschungseinrichtungen, lokale Behörden, Schulen sowie Unternehmen. An den Projekten sind 26 EU-Mitgliedstaaten und 9 assoziierte Länder beteiligt, mit Maßnahmen von der Ostsee und der Nordsee über die Donau und das Schwarze Meer, das Mittelmeer bis hin zum Atlantik.
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Nobelpreis für Chemie 2024
Die Vielfalt des Lebens zeugt von der erstaunlichen Fähigkeit der Proteine als chemische Werkzeuge in Organismen zu wirken. Sie kontrollieren und steuern alle chemischen Reaktionen, die zusammen die Grundlage des Lebens bilden. Proteine fungieren auch als Hormone, Signalstoffe, Antikörper und Bausteine der verschiedenen Gewebe.
„Eine der Entdeckungen, die in diesem Jahr ausgezeichnet werden, betrifft den Bau spektakulärer Proteine. Bei der anderen geht es um die Erfüllung eines 50 Jahre alten Traums: die Vorhersage von Proteinstrukturen anhand ihrer Aminosäuresequenzen. Beide Entdeckungen eröffnen ungeahnte Möglichkeiten“, sagt Heiner Linke, Vorsitzender des Nobelkomitees für Chemie.
Quelle: Übersetzung der Pressemitteilung von nobelzprize.org
Code der Proteinstrukturen geknackt
Die Hälfte des Nobelpreises für Chemie ging an Demis Hassabis und John Jumper für die Vorhersage der Struktur fast aller bekannten Proteine durch den erfolgreichen Einsatz von künstlicher Intelligenz.
In Proteinen sind Aminosäuren in langen Strängen miteinander verbunden, die sich zu einer dreidimensionalen Struktur zusammenfalten, die für die Funktion des Proteins entscheidend ist. Seit den 1970er Jahren hatten Forschende versucht, dreidimensionale Proteinstrukturen aus Aminosäuresequenzen vorherzusagen, was aber bekanntermaßen schwierig war. Vor vier Jahren gelang jedoch ein verblüffender Durchbruch.
Im Jahr 2020 stellten Demis Hassabis und John Jumper ein KI-Modell namens AlphaFold2 vor. Mit seiner Hilfe konnten sie die Struktur von praktisch allen 200 Millionen Proteinen vorhersagen, die Forscher identifiziert haben. Seit ihrem Durchbruch wurde AlphaFold2 von mehr als zwei Millionen Menschen aus 190 Ländern genutzt. Neben einer Vielzahl wissenschaftlicher Anwendungen können Forschende nun Antibiotikaresistenzen besser verstehen und beispielsweise auch Bilder von Enzymen erstellen, die Plastik zersetzen können.
Weiterführende Informationen:
https://www.nobelprize.org/prizes/chemistry/2024/press-release/
https://www.nobelprize.org/uploads/2024/10/popular-chemistryprize2024-4.pdf
Neue Arten von Proteinen erschaffen
Die andere Hälfte des Nobelpreises für Chemie ging an David Baker für computergestütztes Proteindesign. Er hat eine Methode entwickelt, diese Bausteine des Lebens zu beherrschen und völlig neue Proteine zu schaffen.
Proteine bestehen im Allgemeinen aus 20 verschiedenen Aminosäuren, die man als Bausteine des Lebens bezeichnen kann. Im Jahr 2003 gelang es David Baker, aus diesen Bausteinen ein neues Protein zu entwerfen, das sich von allen anderen Proteinen unterscheidet. Seitdem hat seine Forschungsgruppe eine einfallsreiche Proteinkreation nach der anderen hervorgebracht, darunter Proteine, die als Arzneimittel, Impfstoffe, Nanomaterialien und winzige Sensoren verwendet werden können.
Weiterführende Informationen:
https://www.nobelprize.org/prizes/chemistry/2024/press-release/
https://www.nobelprize.org/uploads/2024/10/advanced-chemistryprize2024.pdf
Kohlenhydratpolymere könnten eine süße Lösung für die Wasseraufbereitung sein
Forschende haben eine fortschrittliche Methode zur Entfernung von Schwermetallen aus Wasser gefunden, die eine zukünftige Lösung für die Wasserreinigung darstellen könnte.
Mit Schwermetallen verunreinigtes Wasser kann eine Gefahr für Menschen und Wasserlebewesen darstellen, wenn es konsumiert wird. Pflanzliche Polymere, die aus Zucker gewonnen werden, entfernen diese Metalle, benötigen aber oft andere Substanzen, um ihre Stabilität oder Löslichkeit im Wasser zu regulieren. Jetzt berichten Forschende in ACS Central Science über ein zuckerähnliches Polymer, das Schwermetalle in unlöslichen Klumpen einschließt und so leicht entfernt werden kann. In Proof-of-Concept-Tests entfernte das Polymer ionisches Cadmium und Blei aus Flusswasser, das mit diesen schwer abbaubaren Schadstoffen versetzt war.
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Ig Nobelpreis für die Verwendung der Chromatographie zur Trennung von betrunkenen und nüchternen Würmern
Der Ig Nobelpreis wird für Leistungen verliehen, die Menschen erst zum Lachen und dann zum Nachdenken bringen. Dieses Jahr haben Tess Heeremans, Antoine Deblais, Daniel Bonn und Sander Woutersen den Chemiepreis gewonnen.
Der offizielle Titel der Forschungsarbeit war natürlich nicht die Trennung von betrunkenen und nüchternen Würmern. Der Titel der Veröffentlichung lautete: Chromatographic separation of active polymer–like worm mixtures by contour length and activity. Die konvektive Transportgeschwindigkeit von Polymeren durch begrenzte Geometrien hängt von ihrer Größe ab, was eine größenbasierte Trennung von Polymermischungen (Chromatographie) ermöglicht. Hier wurde untersucht, ob Mischungen aktiver Polymere auf ähnliche Weise anhand ihrer Aktivität getrennt werden können. Dünne, lebende Tubifex tubifex Würmer wurden als Modellsystem für aktive Polymere verwendet und der Transport dieser Würmer durch eine aufgezwungene Strömung durch einen Kanal, der mit einer hexagonalen Säulenanordnung gefüllt ist, untersucht. Die Transportrate durch den Kanal hängt stark vom Aktivitätsgrad ab, ein Effekt, der der unterschiedlichen Verteilung der Würmer in Abhängigkeit von ihrer Aktivität zugeordnet wurde. Hinweis zum Titel: Der Aktivitätsgrad der Würmer konnte verringert werden, indem der Wurm Alkohol ausgesetzt wurde.
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Alzheimer-bezogene Proteine beleuchten, um die Krankheit früher zu erkennen
Forschende haben einen Weg gefunden, krankheitsbezogene Biomarker wie aggregierte Proteine, so genannte Amyloide, zu erkennen. Dies könnte dazu beitragen, das Fortschreiten der Krankheit zu überwachen oder zwischen verschiedenen amyloidbedingten Zuständen zu unterscheiden.
Viele neurodegenerative Erkrankungen, darunter Alzheimer und Parkinson, lassen sich nur schwer diagnostizieren, bevor die ersten Symptome auftreten. Krankheitsbezogene Biomarker, wie z. B. aggregierte Proteine, die so genannten Amyloide, könnten jedoch schon viel früher wichtige Erkenntnisse liefern, wenn sie sich leicht nachweisen lassen. Forschende haben eine solche Methode entwickelt, bei der eine Reihe von Sensormolekülen eingesetzt wird, die Amyloide aufleuchten lassen können. Das Instrument könnte helfen, das Fortschreiten der Krankheit zu überwachen oder zwischen verschiedenen amyloidbedingten Erkrankungen zu unterscheiden.
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Neue Pfade einer etablierten Reaktion: Die Azid-Wittig Reaktion
Mehr als 100 Jahre nach Staudingers bahnbrechenden Berichten über die Reaktion von Iminophosphoranen mit Aldehyden wurde ein alternativer Weg, die so genannte „Azid-Wittig-Reaktion“, aufgedeckt.
Ursprünglich war die Entwicklung eines neuen Liganden geplant, quasi der Hülle eines Katalysators. Konkret sollte in den Arbeitsgruppen von Dr. habil. Christian Hering-Junghans und Prof. Torsten Beweries am Rostocker LIKAT ein phosphorbasierter Ligand entstehen. Die Synthesen im Rahmen einer Promotion führten jedoch zu einer anderen Substanz als erwartet, nämlich zu einem Triazabutadien. Am Ende erwies sich der Syntheseweg als neue Form eines etablierten chemischen Prozesses: der Wittig-Reaktion, 1979 mit einem Nobelpreis gewürdigt. Die neue Synthese heißt „Azid-Wittig Reaktion“ und erregt in der Fachwelt einiges Aufsehen.
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